Anzeige
Syrer tötet sich selbst - 12 Verletzte

Anschlag in Ansbach - Islamistischer Terrorakt?

  • Veröffentlicht: 25.07.2016
  • 14:29 Uhr
  • dpa
Article Image Media
© Daniel Karmann/dpa

Drei unfassbare Bluttaten in einer Woche in Bayern: Erst die Axt-Attacke in Würzburg, dann der Amoklauf in München und jetzt ein Bombenanschlag in Ansbach. Der mutmaßliche Selbstmordattentäter soll ein Flüchtling aus Syrien gewesen sein. Direkte Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund gibt es aber noch nicht.

Anzeige

Nach dem Bombenattentat im fränkischen Ansbach mit 15 Verletzten hat das Bundesinnenministerium noch keine konkreten Anhaltspunkte für einen islamistischen Hintergrund des Täters. "Bisher ist es einfach so, dass wir dafür keinen belastbaren Hinweis haben", sagte Innenministeriumssprecher Tobias Plate am Montag in Berlin. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte hingegen gesagt, er persönlich halte es für sehr naheliegend, dass es sich bei dem 27-jährigen Flüchtling aus Syrien um einen islamistischen Selbstmordattentäter handele.

Plate sagte: "Ich weiß nicht, ob am Ende Erkenntnisse rauskommen, dass es möglicherweise Staatsschutzrelevanz haben mag oder nicht." Er bat um "Nachsicht mit allen Handelnden". Mit Bayern sei ein und dasselbe Bundesland innerhalb weniger Tage von furchtbaren Ereignissen schwer getroffen worden. "Alle handelnden Personen haben (...) in den letzten Tagen kaum Schlaf gefunden." Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen.

27-jähriger Täter war in psychiatrischer Behandlung

Vize-Regierungssprecherin Demmer sagte: "Ich kann nur wiederholen, die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder arbeiten mit ganzer Kraft daran, den Sachverhalt aufzuklären."

Der mutmaßliche Täter sei ein 27-jähriger Flüchtling aus Syrien gewesen, hatte Herrmann noch in der Nacht zum Montag bei einer Pressekonferenz in Ansbach gesagt. Der junge Mann, der öfter in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, wollte offensichtlich die Bombe mit scharfkantigen Metallteilen in seinem Rucksack bei einem Musikfestival mit etwa 2.500 Besuchern zünden. Ihm wurde aber der Einlass verwehrt. Bei der Explosion gegen 22.00 Uhr vor dem Eingang zu dem Open-Air-Konzert wurden 15 Menschen verletzt, vier davon schwer.

IS-Verbindung sei "nicht auszuschließen"

Auf die Frage, ob der Täter im Zusammenhang mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) stehe, sagte der Minister: "Es ist dies auf jeden Fall nicht auszuschließen." Konkrete Hinweise auf den IS gebe es allerdings noch nicht. «Die offensichtliche Absicht, mehr Menschen zu töten, weist zumindest auf einen islamistischen Hintergrund hin." Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger erklärte: "Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben", sagte Fertinger.

Es ist die dritte Bluttat in Bayern innerhalb einer Woche. Am Montagabend hatte ein Flüchtling in einer Regionalbahn in Würzburg Menschen mit einer Axt angegriffen, am Freitagabend war ein junger Mann in München Amok gelaufen. Mehrere Menschen starben, viele wurden verletzt. Herrmann sagte, es sei leider ein weiterer schlimmer Anschlag, der gerade die Besorgnis der Menschen weiter verstärken dürfte. Daher sei eine restlose Aufklärung der Tat wichtig, um das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herstellen zu können.

Sprengsatz eine Art "Nagelbombe"

In Ansbach sorgte die Explosion erneut für einen Großeinsatz der Polizei, die mit 200 Kräften anrückte. Feuerwehr und Rettungsdienste waren mit 350 im Einsatz.

Herrmann sagte über den Täter: "Nachdem er einen Rucksack mit Sprengstoff hatte, in dem gleichzeitig auch viele scharfkantige Metallteile gepackt waren, die ja geeignet sind im Zusammenhang mit einer solchen Bombe dann möglichst viele Menschen im Umkreis zu verletzen, müssen wir davon ausgehen dass es keine reine Selbstmordtat war, sondern dass er möglichst viele Menschen mit ins Verderben stürzen wollte." Man müsse nun herauszufinden, mit wem der Täter kommuniziert habe, erläuterte Staatsanwalt Michael Schrotberger.

Asylantrag des Syrers war abgelehnt worden

Der mutmaßliche Täter sei vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen und habe einen Asylantrag gestellt, sagte Herrmann. Der Antrag wurde vor einem Jahr abgelehnt, der Flüchtling sei seitdem geduldet gewesen. Er sei entsetzt, dass der Asylschutz menschenverachtend missbraucht werde, sagte der CSU-Politiker. "Das ist ungeheuerlich." Es müsse alles unternommen werden, dass derartiges Verhalten nicht weiter um sich greife.

Unklar ist laut Herrmann, ob der Mann in suizidaler Absicht handelte oder andere Menschen mit in den Tod reißen wollte. Das müsse in den nächsten Tagen geklärt werden. Der Täter sei wohl bei der Tat gestorben, sagte Polizei-Vizepräsident Fertinger. Der Notarzt habe keine Lebenszeichen mehr bei dem 27-Jährigen feststellen können.

Innenstadt komplett abgeriegelt

Der Mann wohnte in einer Unterkunft in Ansbach, wie der Minister sagte. Der Syrer habe schon zwei Mal versucht, sich das Leben zu nehmen. Er sei deshalb auch schon in einer psychiatrischen Klinik untergebracht gewesen.

Die komplette Altstadt von Ansbach, das rund 40.000 Einwohner hat, war am späten Abend abgeriegelt, Anwohner konnten zunächst nicht zurück in ihre Häuser. Das Open-Air-Konzert wurde abgebrochen, die Besucher verließen den Veranstaltungsort. Bei den "Ansbach Open 2016" sollten am Sonntag die deutschen Popsänger Joris, Philipp Dittberner und Gregor Meyle auftreten.

Noch in der Nacht sollte die Personenabklärung weiterlaufen. Unklar war zunächst, in welchem Umfeld sich der 27-Jährige bewegte und woher er den Sprengstoff hatte. In der Nacht wurden noch Spuren gesichert. Es gebe bei einer Explosion eine große Streuung. Jedes Partikel könne zur Aufklärung beitragen. Jetzt müsse man klären, woher genau die Metallteile stammen. Die Teile glichen solchen, die in der Holzindustrie verwendet werden.

Weitere Hintergründe werden untersucht

Der Grund für Ablehnung des Asylantrags von dem 27-jährigen Syrer ist laut Herrmann noch unbekannt. Dies soll im Laufe des Tages mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geklärt werden.

Herrmann kündigte an, an diesem Montag bei der Klausur der CSU-Regierung am Tegernsee über Konsequenzen auch aus dem Anschlag von Ansbach zu beraten. Dabei müsse es darum gehen, wie der Schutz der Bevölkerung verbessert und ein solcher Missbrauch des Asylrechts verhindert werden könne.

Mehr Informationen
Tuerkei_Urlaub_dpa
News

Reisebüros glauben nicht an Türkei-Comeback

  • 05.06.2023
  • 12:10 Uhr

© 2024 Seven.One Entertainment Group