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Ökonomen glauben an Grexit

Euro-Ausstieg Griechenlands?

  • Veröffentlicht: 06.07.2015
  • 13:20 Uhr
  • dpa
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Ökonomen: Ein Euro-Ausstieg Griechenlands ist wahrscheinlicher als ein Verblei.

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Nach dem "Nein" der griechischen Bevölkerung zu neuen Spar- und Reformschritten sehen zahlreiche Bankvolkswirte ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro als wahrscheinlicher an als einen Verbleib. Nach dem Referendum vom Sonntag sei das Risiko eines "Grexit" deutlich gestiegen, schreibt Unicredit-Chefvolkswirt Erik Nielsen in einer Studie vom Montag. Es sei mit einem chaotischen Euro-Austritt zu rechnen, der schon in den kommenden Tagen beginnen könne.

Auch die Chefvolkswirte der DekaBank, der Commerzbank und von JP Morgan halten einen Grexit für wahrscheinlich. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank und ein vergleichsweise optimistischer Vertreter seines Fachs, rechnet nicht mit Verhandlungen über ein drittes Reformpaket.

Einige für Euro-Austritt Athens

Einige Experten befürworten sogar einen Euroaustritt Griechenlands. "Ein Grexit ist besser als ein fauler Kompromiss in Grundsatzfragen, der die Währungsunion wirtschaftlich schwächt", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Aus Sicht der Geberländer sei dieser Weg verkraftbar. Die Finanzmärkte hätten zuletzt auf die Griechenlandkrise nur wenig reagiert, der Euro habe gegenüber dem Dollar kaum abgewertet.

"Griechenland hat schon lange nicht mehr das Potential, den Bestand der Währungsunion zu gefährden", unterstrich Krämer. Gefährlicher für den Euroraum wäre es, wenn sich "die Geberländer trotz des Neins der Griechen um eine klare Position drücken." Analysten der Bremer Landesbank bezeichneten "Griechenland in der Physis der Eurozone" gar als "abgekapselten Fremdkörper".

Plädoyer für Einigung

Aber es gibt auch Stimmen, die für eine erneute Einigung plädieren. Ein Grexit könne Griechenland zu einem Hort der Instabilität an der Außengrenze Europas werden lassen, warnte Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Deshalb müsse es weitere Verhandlungen geben. Grundlage dafür könne der sogenannte Fünf-Präsidenten-Bericht sein, den die Präsidenten der fünf wichtigsten EU-Institutionen (EU-Kommission, EZB, Eurogruppe, Europäisches Parlament und Europäischer Rat) unlängst vorgelegt haben. Darin sind eine tiefere europäische Integration im Finanzsektor, eine effektivere Banken-Rekapitalisierung und der Beginn einer Kapitalmarktunion vorgesehen.

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, schlägt einen "konditionierten Schuldenschnitt" vor, in dem - einem klaren Plan folgend - Schuldenerleichterungen gegen umgesetzte Reformschritte gewährt werden. Allerdings müssten dafür starke Signale vorliegen, dass es zu einer Einigung kommen könne. Der Rücktritt des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis sei ein erster Schritt in diese Richtung.

Schwierige Verhandlungen - EZB im Fokus

Wie auch immer mögliche weitere Verhandlungen aussehen könnten: Daran, dass sie schwierig werden, zweifelt niemand. Immerhin sind die Regierungen der Geberländer im Falle weiterer Verhandlungen auf die Zustimmung ihrer Parlamente angewiesen.

Zunächst wird allerdings entscheidend sein, wie sich die EZB weiter verhält: EZB-Ratsmitglied Vitor Constancio hatte Ende vergangener Woche deutlich gemacht, dass die Entscheidung über die Fortführung der ELA-Nothilfen auch durch das Ergebnis des Referendums beeinflusst werde. Würde die EZB keine weiteren ELA-Kredite gewähren, drohte dem griechischen Finanzsystem der Zusammenbruch. DekaBank-Chefvolkswirt Kater rechnet aber nicht damit, dass die EZB die Finanzierung der griechischen Banken vollständig stoppen wird.

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