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Beim Koalitionspartner von den Grünen fehlt die Harmonie

SPD stärkt Kraft vor NRW-Wahl

  • Veröffentlicht: 25.09.2016
  • 10:42 Uhr
  • dpa
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© dpa

Seit sechs Jahren ist Hannelore Kraft Regierungschefin in NRW. Sie will es bleiben. Acht Monate vor der Landtagswahl stärkt ihre SPD ihr den Rücken. Kraft kann das brauchen. Die Aussichten sind nicht rosig.

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Sie hat offenbar genau den richtigen Ton getroffen. Mit einem Traumergebnis von 98,45 Prozent wählt der Landesparteitag die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erneut an die Spitze der NRW-SPD. Ihre Wiederwahl am Samstag hat acht Monate vor der Landtagswahl besonderes Gewicht. Die Botschaft aus Bochum lautet: Der mit rund 110 000 Mitgliedern größte SPD-Landesverband steht geschlossen hinter der Vorsitzenden, die auf kraftvolle Unterstützung im Wahljahr 2017 bauen kann. Ohne die wird es auch nicht gehen.

Kraft zeigt sich gerührt: "Nach fast zehn Jahren so ein Ergebnis. Das haut mich wirklich um." Die Vorsitzende spricht viel über sozialen Zusammenhalt, das wichtige "Wir", die vielen Ehrenamtler, die sich landauf, landab für Flüchtlinge einsetzen. Zu Beginn ihrer Rede erinnert die 55-Jährige an einen Parteitag vor knapp zehn Jahren, als die NRW-SPD angeschlagen war, Kraft einsprang und erstmals die Führung übernahm. "Damals hieß es "mission impossible". Aber ich hab' mir das zugetraut, und Ihr habt mir vertraut", ruft sie den rund 470 Delegierten zu. Eine Parallele zur anstehenden Landtagswahl im Mai 2017? Mission impossible?

Rot-Grün seit langem im Umfragetief

Krafts rot-grüne Koalition kommt seit Monaten in Umfragen nicht mehr auf eine Mehrheit. Sie will dennoch möglichst bei Rot-Grün bleiben. Gleich nach ihrer eigenen Kür grüßt die Regierungschefin rüber zu den Grünen nach Oberhausen, die gerade Schulministerin Sylvia Löhrmann zur Spitzenkandidatin gewählt haben - allerdings mit nur sparsamen 81 Prozent. Und Umweltminister Johannes Remmel provoziert den roten Koalitionspartner: "Wir wollen mehr grün", sagt er. Oder: "Die Abenddämmerung der Kohle hat längst begonnen."

Aber auch die gute Stimmung bei der SPD in Bochum kann nicht darüber hinweg täuschen: Die Regierungschefin steht vor gewaltigen Aufgaben in wenig rosigen Zeiten. Stichworte: schwächelnde Wirtschaft, Milliarden-Schulden, wachsende Armut oder auch die langwierige Flüchtlingsintegration. NRW habe abgewirtschaftet in den sechs Jahren, in denen Kraft regiere, werfen ihr CDU-Landesparteichef Armin Laschet und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner vor.

Fakt ist: 2015 hatte NRW als einziges Bundesland keinerlei Wirtschaftswachstum vorzuweisen, bei Industrie-Entwicklung, Investitionen oder Arbeitslosigkeit liegt das Land im hinteren Bereich. Der Spitzenverband unternehmer.nrw hat gerade eine "grundlegende wirtschaftspolitische Fitnesskur" gefordert.

Große Kinderarmut in NRW

Kraft steht unter Druck. Dass Kinderarmut in NRW zugenommen hat, kratzt auch am persönlichen Image der Landesmutter. In Bochum verteidigt sie ihr zentrales Vorhaben "kein Kind zurücklassen", das mehr Zeit brauche. Auch in anderen Fragen mahnt sie zur Geduld. In Kita, Schule, bei Bildung, Wirtschaft, Arbeitsmarkt oder auch innerer Sicherheit sei vieles auf den Weg gebracht, man habe Erfolge vorzuweisen. Aber: "Hier müssen wir besser werden" oder "es gibt noch viel zu tun" ist ebenfalls mehrmals zu hören. Sie werde nichts versprechen, was sie später nicht halten könne.

Viele schulpolitische Baustellen - etwa Inklusion oder auch der Streit um das ungeliebte "Turbo-Abitur" - liefern der Opposition in Wahlkampfzeiten Munition. Doch das Thema "Turbo-Abi" räumt der SPD-Parteitag nun ab: Mit einem angestrebten Reformmodell, das an G8 als Regelfall festhält, zugleich aber auch eine Öffnung zu G9 vorsieht - ohne dass den Schulen vor Ort eine aufwendige Neuorganisation abverlangt werden soll.

Kraft nimmt auch die Bundespolitik ins Visier: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) "sitzt auf seiner schwarzen Null" statt mehr Geld zugunsten von Langzeitarbeitslosen freizugeben, kritisiert sie. "Wir bauen auf den Bund, aber wenn die nicht aus dem Quark kommen, müssen wir das eben selber machen." Dass es immer wieder heißt, NRW habe auf der Bundesebene an Gewicht verloren, weist sie - Kraft ist auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende - energisch zurück: "Nordrhein-Westfalen ist ein echter Machtfaktor in Berlin."

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