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Parkland-Massaker

Empörung in den USA: Hilfspolizist griff bei Schulmassaker nicht ein

  • Veröffentlicht: 23.02.2018
  • 13:26 Uhr
  • dpa
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© South Florida Sun-Sentinel/AP/dpa

Kritiker bekommen neuen Rückenwind in der hitzigen US-Debatte über den Trump-Vorschlag, Lehrpersonal gegen Schulmassaker zu bewaffnen. Denn nun kommt heraus: Ein Hilfspolizist vor Ort griff nicht in das grausige Geschehen von Parkland ein - dabei war er bewaffnet.

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Neue Empörung nach dem Schulmassaker von Florida mit 17 Toten: Ein bewaffneter Hilfspolizist soll zur Tatzeit in Parkland vor Ort gewesen sein, aber nicht eingegriffen haben. "Ich bin entsetzt, und mir wird richtig übel. Dafür lassen sich keine Worte finden", sagte der Polizeichef von Broward County in Florida, Scott J. Israel, zum Verhalten des uniformierten und bewaffneten Kollegen.

Der Vorfall könnte die Kritik am Vorschlag von US-Präsident Donald Trump anheizen, Lehrer an Schulen zu bewaffnen. Seine Äußerung vom Donnerstag im Gespräch mit Überlebenden des Massakers dürfte damit zumindest teilweise widerlegt sein. Der Republikaner Trump steht wegen seiner politischen Nähe zu radikalen Waffenbesitz-Befürwortern derzeit massiv unter Druck.

Schulgelände von Parkland

Der Hilfssheriff war am Mittwoch voriger Woche auf dem Schulgelände von Parkland (Florida) im Einsatz, als ein 19-Jähriger 17 Menschen erschoss. Der Mann müsse gewusst haben, dass ein Todesschütze im Gebäude war, sagte Israel. Er habe aber davor gewartet, statt einzugreifen - das gehe aus dem Video der Überwachungskameras und Zeugenaussagen hervor. Demnach habe der an der Waffe ausgebildete 54-Jährige vier Minuten vor dem Schulgebäude ausgeharrt, die Bluttat dauerte insgesamt weniger als sechs Minuten.

Trump hatte am Donnerstag gesagt, es sei ein Problem, dass die Polizei erst nach fünf bis acht Minuten am Tatort eintreffe. Der Präsident warb deshalb dafür, mit Waffen vertraute Lehrer an Schulen einzusetzen. Denn wenn ein potenzieller Täter wisse, dass es an einer Schule eine große Anzahl von Lehrern gebe, die mit Waffen umgehen könnten und sofort schießen würden, dann würde er die Schule niemals angreifen, schrieb Trump auf Twitter.

Vom Dienst suspendiert

Der Hilfspolizist wurde inzwischen vom Dienst suspendiert, er legte daraufhin sein Amt nieder. Auf die Frage, was der 54-Jährige hätte tun sollen, antwortete Polizeichef Israel: "Reingehen und den Todesschützen konfrontieren. Den Todesschützen töten." Auch in Twitter-Reaktionen wurde das Verhalten des Hilfssheriffs verurteilt. "Wenn jemand eine Uniform trägt, erklärt er damit, dass er bereit ist, zu sterben, um die Gemeinschaft zu schützen", sagte der US-Journalist und Kriegsveteran David A. French.

Andere reagierten verständnisvoller. Selbst trainierte Soldaten und Sicherheitspersonal reagierten aus verschiedenen psychologischen Gründen nicht immer, sobald sie eine Waffe hörten, sagte ein Militäranalyst des Fernsehsenders CNN. "Das passiert öfter, als man denkt, und ist Teil der menschlichen Natur."

Lehrer gegen Attentäter bewaffnen

Trumps Vorschlag, Lehrer gegen Attentäter zu bewaffnen, war zuvor bereits auf viel Kritik gestoßen. "Wir wollen nicht auch noch zu Soldaten gemacht werden", antwortete ein Lehrer am Donnerstagabend auf Trumps Tweet. "Lehrer sollten nicht wissen müssen, wie man eine AR-15 bedient", sagte ein Überlebender des Parkland-Massakers unter Anspielung auf die Waffe des Todesschützen von Parkland.

Auch der Kriminologe Christian Pfeiffer lehnte die Idee ab, Lehrern verdeckt getragene Waffen zu erlauben. "Dem amerikanischen Präsidenten fällt mit seiner Cowboy-Mentalität nichts Besseres ein, als den Lehrern Waffen in die Hand zu drücken. Das ist absurd", sagte Pfeiffer der "Passauer Neuen Presse" (Freitag). Gegen einen Amokläufer habe auch ein überraschter Lehrer keine Chance.

"Der beste Weg aus der Gewalt heraus ist, in den USA endlich das elterliche Züchtigungsrecht und das Recht der Lehrer, zu schlagen, abzuschaffen", sagte Pfeiffer. Er sieht die Ursache für die tödliche Gewalt in den USA darin, "dass Kinder dort extrem häufig geschlagen werden". In 19 US-Bundesstaaten dürften Lehrer zudem ihre Schüler schlagen. "Bei den Kindern entsteht da ein Ohnmachtsgefühl", sagte Pfeiffer - und Waffen, die in den USA leicht zu bekommen seien, verliehen ihnen dann ein "Gefühl von Macht".

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