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"mit aller Bestimmtheit zurückgewiesen"

Entschuldigung für Eroberung? Mexikos Forderung empört Spanien

  • Veröffentlicht: 26.03.2019
  • 23:47 Uhr
  • dpa
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© dpa

Die Verbrechen der spanischen Konquistadoren sind in Lateinamerika bis heute nicht vergessen. Mexikos Präsident legt nun den Finger auf die Wunde. Und sorgt damit auf der anderen Seite des Atlantiks für Empörung. Von einer "unerträglichen Beleidigung" ist die Rede.

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Mexikos Präsident hat den König Spaniens und den Papst in Briefen dazu aufgefordert, sich für die spanische Eroberung und Unterwerfung indigener Völker im 16. Jahrhundert zu entschuldigen. Es habe sich um eine Invasion gehandelt, während der willkürlich die Völker unterworfen worden seien, sagte Andrés Manuel López Obrador in einer Video-Botschaft, die am Montag (Ortszeit) in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurde.

Briefe stießen auf Entrüstung

Es dauerte nicht lange, bis die Briefe an König Felipe VI. und an Papst Franziskus in Spanien auf Ablehnung und auch Entrüstung stießen. Die Regierung von Sozialist Pedro Sánchez lehnte eine Entschuldigung schnell und energisch ab. Der Inhalt des Briefs werde "mit aller Bestimmtheit zurückgewiesen", hieß es in einer am Dienstag verbreiteten Mitteilung des Palacio de la Moncloa. Die Ankunft der Spanier vor fünf Jahrhunderten im heutigen Mexiko könne "aus zeitgenössischer Sicht nicht beurteilt werden".

Weniger diplomatisch äußerten sich Politiker der konservativen Opposition, Journalisten und Zeitungsleser. Der Spitzenkandidat der liberalen Ciudadanos bei der Parlamentswahl vom 28. April, Albert Rivera, bezeichnete López Obrador als "Linkspopulisten", "der die Geschichte fälscht und die Konfrontation sucht". Seine Forderung sei eine "unerträgliche Beleidigung" aller Spanier.

Rafael Hernando, einer der wichtigsten Vertreter der Volkspartei (PP), schrieb unterdessen auf Twitter: "Man muss diesen Herrn (López Obrador) daran erinnern, dass wir Spanier dorthin gegangen sind und der Macht jener Stämme ein Ende gesetzt haben, die ihre Nachbarn grausam ermordet haben." In den morgendlichen TV-Talk-Sendungen regten sich auch viele Journalisten auf. "Mexiko soll sich erstmal für den Mord an Kaiser Maximilian I. entschuldigen", rief zum Beispiel einer. Der Österreicher wurde im Juni 1867 auf dem "Campo de las Campañas" von Querétaro erschossen.

Auf der Homepage der Zeitung "El País" hatte der Bericht über die Forderung Mexikos bis Dienstagmittag bereits knapp 5000 Leser zu Kommentaren veranlasst. Die meisten beschimpften den mexikanischen Präsidenten. López Obrador solle sich lieber um Korruption, Drogenhandel und Mordwelle in seinem Land kümmern, so der Tenor.

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Ablehnung als rassistisch bezeichnet

In Mexiko wurden die Äußerungen wiederum als rassistisch bezeichnet. Eine Reihe von Autoren, Historikern und Intellektuellen stellten sich in einem Bericht der Zeitung "La Jornada" hinter die Forderung López Obradors. Die indigenen Völker verdienten eine Entschuldigung aller, die sie jemals unterdrückt haben, hieß es.

Die Konquistadoren gingen im Gebiet des heutigen Mexikos während ihrer Eroberung und der Kolonialisierung äußerst brutal gegen die angesiedelten Völker vor. Modernere Waffen machten sie im Kampf gegen die Azteken nahezu unbesiegbar, eingeschleppte Krankheiten wie Masern und Pocken rafften dazu Hunderttausende der Einwohner dahin. Bei der Eroberung ging es den Spaniern dabei vor allem um Bodenschätze wie Gold und Machteinfluss in der Neuen Welt. Mit Hilfe der katholischen Kirche wurde nach der Eroberung auch die präkolumbische Kultur unterdrückt - Tempel mussten so zum Beispiel Kirchen weichen.

Vatikan-Sprecher Alessandro Gisotti erklärte auf Anfrage, es gebe in diesem Belang im Moment nichts mitzuteilen. Er verwies aber auf vergangene Aussagen des Papstes. So hatte Franziskus während seiner Bolivien-Reise im Jahr 2015 bei den indigenen Völkern Amerikas für die während der Kolonialzeit im Namen der Kirche begangenen Verbrechen um Vergebung gebeten und damals auch an Worte der Entschuldigung von Papst Johannes Paul II. erinnert. Franziskus bat damals explizit um Vergebung "für die Verbrechen gegen die Urbevölkerungen während der sogenannten Eroberung Amerikas".

Hoffen auf "historische Aussöhnung"

López Obrador sagte, die spanische Eroberung sei mit Schwert und Kreuz erfolgt. Er habe die Briefe geschickt, damit die Missstände beachtet würden und die betroffenen Völker eine Entschuldigung für die Verletzung der Menschenrechte erhielten. Er hoffe, dass 2021 ein Jahr der "historischen Aussöhnung" werde. Dass er mit der Forderung auf Konfrontationskurs gehe, wies López Obrador am Dienstag zurück. Er schlug die Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe für eine historische Aufarbeitung vor.

2021 jähren sich gleich drei für die Geschichte Mexikos wichtige Ereignisse. Vor 500 Jahren (1521) fiel die damalige Azteken-Hauptstadt Tenochtitlán an die Spanier, 1321 war diese gegründet worden. 1821 erlangte Mexiko dann die Unabhängigkeit. Dies sei die Zeit, sich zu versöhnen, sagte der Präsident. "Aber zuerst bitten wir um eine Entschuldigung." Er werde sich ebenfalls für Verbrechen an indigenen Völkern und anderen Minderheiten nach der Unabhängigkeit Mexikos von Spanien entschuldigen.

Die Regierung in Madrid bedauerte unter anderem auch, dass der Inhalt des Briefs von López Obrador selbst öffentlich gemacht worden sei. Das Schreiben war nach Angaben aus Madrid bereits am 1. März bei der spanischen Regierung eingegangen.

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