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Covid-19-Studien

Infektion bedeutet wohl nicht automatisch Immunität

  • Veröffentlicht: 08.07.2020
  • 09:28 Uhr
  • Von Alice Lanzke, dpa
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© dpa

Tests finden bei vielen Menschen kurz nach einer Corona-Infektion schon keine speziellen Antikörper mehr im Blut. Was heißt das für Herdenimmunität, Immunitätspässe und die Entwicklung von Impfstoffen?

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In der Corona-Pandemie hoffen viele Menschen auf Immunität - nach überstandener Infektion oder durch eine bald verfügbare Impfung. Beides könnte das Immunsystem gegen den Erreger wappnen und Menschen vor der Krankheit Covid-19 schützen. Nun aber deuten viele Studien darauf hin, dass gerade bei Menschen, die nur wenige oder gar keine Symptome hatten, schon bald nach einer Infektion keine Antikörper im Blut mehr nachweisbar sind.

Zwar ist noch unklar, was das für eine mögliche Immunität bedeutet. Doch die Beobachtungen wecken Zweifel an der Aussagekraft von Antikörper-Tests und an den derzeit diskutierten Immunitätspässen. Auch für die Entwicklung eines Impfstoffs wäre ein möglichst genaues Verständnis der Immunantwort auf Sars-CoV-2 zentral.

Die Immunantwort scheint bei Menschen uneinheitlich auszufallen. Grundsätzlich kann das Immunsystem etwa mit sogenannten T-Zellen auf Krankheitserreger reagieren. Manche T-Zellen aktivieren B-Zellen, die dann Antikörper bilden. Antikörper binden an bestimmte Merkmale von Erregern und können diese so inaktivieren.

Keine sogenannten IgG-Antikörper im Blut

Auf den ersten Blick scheint das Vorhandensein spezieller Antikörper ein guter Hinweis auf eine frühere Infektion zu sein. Allerdings fand eine Untersuchung des Universitätsspitals Zürich bei Menschen mit milden oder asymptomatischen Verläufen keine sogenannten IgG-Antikörper im Blut. Diese sind wichtig für das Immungedächtnis - damit das Immunsystem bei erneutem Kontakt mit dem Erreger stärker und schneller reagiert. Die Studie ist bislang nur ein Preprint - ist also weder von Experten begutachtet noch in einem Fachjournal publiziert.

Eine weitere als Preprint veröffentlichte Untersuchung des Lübecker Gesundheitsamts fand bei 30 Prozent von 110 Corona-Infizierten mit ebenfalls höchstens mäßigen Covid-19-Symptomen keine Antikörper. Und im Fachblatt "Nature Medicine" berichten Forscher aus China, dass bei Infizierten ohne Symptome die Antikörper-Konzentration im Blut bereits nach kurzer Zeit deutlich sank.

Solche Studien lassen die Aussagekraft von Antikörper-Massentests, die das Ausmaß der Corona-Infektionswelle in der Bevölkerung klären sollen, fraglich erscheinen. Zudem könnte eine durch Antikörper gegebene Immunität bei vielen Sars-CoV-2-Infizierten schon nach kurzer Zeit wegfallen.

Entsprechend skeptisch sieht Thomas Jacobs vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) die Einführung von Immunitätspässen für Menschen, die eine Infektion mit Sars-CoV-2 hinter sich haben. Wissenschaftlich ist ohnehin nicht gesichert, dass die Präsenz von Antikörpern automatisch vor einer erneuten Infektion schützt. "Wir wissen generell noch nicht genau, wie Antikörper schützen", stellt der Immunologe fest. Studien würden zwar einen solchen Schutz nahelegen, "aber wie hoch beispielsweise der Antikörper-Spiegel dafür sein muss, bleibt unklar".

Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), betont, man müsse bei Antikörpern differenzieren: "Es gibt bei Antikörpern verschiedene Qualitäten, und nicht alle verhindern eine Infektion." Wichtig sei hier, harte Daten zu finden: "Ob ein Immunschutz entsteht, muss an der Realität gemessen werden."

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