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"Perspektiven verbaut"

Acht Monate Warten auf den Integrationskurs

  • Veröffentlicht: 26.05.2019
  • 12:28 Uhr
  • dpa
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Deutsch, Landeskunde, Alltagswissen: Im Integrationskurs sollen Ausländer fit gemacht werden für das Leben hierzulande. Doch bis es so weit ist, dauert es mitunter lange.

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Wer zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet ist, musste zuletzt im Schnitt 8,1 Monate auf den Start warten. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Filiz Polat hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zum Vergleich: 2016 lag die durchschnittliche Wartezeit noch bei 4,3 Monaten.

Der "frühe und effektive Zugang zu Deutschkursen" habe herausragende Bedeutung, unterstrich Polat, die auch Sprecherin der Grünen-Fraktion für Migration und Integration ist. "Acht Monaten Wartezeit für einen Integrationskurs ist schlichtweg zu lang und verbaut Perspektiven.

600 Einheiten Sprachunterricht

Integrationskurse umfassen Sprach- und Orientierungskurse, bei denen es unter anderem um Geschichte, Rechtsordnung und Werte geht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) koordiniert die Kurse und lässt die Anbieter zu.

Der Standardkurs umfasst 600 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten im Sprach- und 100 Einheiten im Integrationsteil, also insgesamt 525 Stunden. Wer neu zugewandert ist und kein oder nur wenig Deutsch beherrscht, kann von den Behörden zur Teilnahme verpflichtet werden. Das gilt auch für Ausländer, die Hartz IV beziehen, und Asylbewerber, die staatliche Unterstützung bekommen.

Für bestimmte Zuwanderer und Asylbewerber ist die Teilnahme freiwillig. Für Menschen, die einen solchen Anspruch haben, aber nicht mitmachen müssen, lag die Wartezeit im Schnitt 2018 bei 4,3 Monaten.

Bundesinnenministerium meldet andere Zahlen

"Es stehen ausreichend Integrationskursplätze zur Verfügung", betonte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. "Jeder, der entweder vom Bamf dazu berechtigt oder von den staatlichen Stellen, die für Verpflichtungen zuständig sind, dazu verpflichtet wird, kann schnell einen Integrationskurs beginnen."

Sobald jemand zum Kurs angemeldet sei, gebe es nur noch eine Wartezeit von wenigen Wochen. Länger dauere es allerdings von dem Zeitpunkt, an dem die Berechtigung oder Pflicht zur Teilnahme festgestellt wird, bis zur Anmeldung. Bei verpflichteten Kursteilnehmern liege dies nicht in der Zuständigkeit des Bamf, sondern von Jobcentern, Ausländerbehörden oder Trägern von Asylbewerberleistungen. Dennoch bemühten sich Bamf und Ministerium um eine Verkürzung der Zeit. Erste Erfolge habe ein Pilotprojekt mit Einstufungstests gebracht.

Bei den verpflichteten Teilnehmern war die durchschnittliche Wartezeit in Bremen mit 11,4 Monaten am längsten, vor dem Saarland mit 11,2 Monaten und Niedersachsen mit 10 Monaten. Am schnellsten kamen die Teilnehmer in Mecklenburg-Vorpommern (6,5 Monate), Brandenburg (6,6 Monate) und Thüringen (6,8 Monate) dran.

Welche Faktoren führen zum Erfolg?

Derzeit untersucht das Forschungszentrum des Bamf die Kurse auch ganz grundsätzlich. Dabei geht es etwa darum, welche Faktoren einen Einfluss auf den erfolgreichen Abschluss haben und ob der Erfolg vorhält. Ergebnisse dieser Evaluation sollen laut Ministerium Mitte 2022 vorliegen, Zwischenberichte schon vorher. Dafür sind laut Ministerium Kosten von 2,4 Millionen Euro eingeplant.

Polat kritisierte das "Mammutprojekt mit astronomischen Kosten". Es sei völlig unverständlich, dass so viel Geld für "eine Evaluation des Bamf für das Bamf" ausgegeben werden. Die Unabhängigkeit sei so nicht gewährleistet, "die bekannten Probleme und Herausforderungen können so nicht kritisch und produktiv analysiert werden".

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