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"Data-Mining gegen die eigene Bevölkerung"

Barley will Polizei mehr Daten zugänglich machen

  • Veröffentlicht: 17.03.2019
  • 17:04 Uhr
  • dpa
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Die Polizei soll Straftaten verhindern und die Bevölkerung schützen. Aber braucht sie dafür auch sensible Daten nicht nur der Täter, sondern auch von Opfern und Zeugen?

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Ein wesentlich größerer Teil der Polizei soll künftig Zugriff auf Daten nicht nur von Tätern und Verdächtigen, sondern auch von Opfern und Zeugen erhalten. Das sieht ein Gesetzentwurf zur Novellierung der Strafprozessordnung vor, den das Bundesjustizministerium unter Führung von Katarina Barley (SPD) erarbeitet hat, wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" ("FAS") berichtete. Bisher stehen die vollständigen Ermittlungsdaten nur den Ermittlern zur Verfügung, die mit dem jeweiligen Verfahren betraut sind. Nach der geplanten Neuregelung könnten sich künftig etwa Opfer einer Vergewaltigung oder Kunden eines Bordells, gegen dessen Inhaber ermittelt wird, in einem allgemein zugänglichen Informationssystem der Polizei wiederfinden.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber (SPD), habe die vorgesehenen Änderungen als "nicht hinnehmbar" bezeichnet. Sie hätten eine erhebliche inhaltliche Tragweite, sagte er der Zeitung, "betroffen kann jeder sein". Der Entwurf würde es der Polizei ermöglichen, diese Daten ohne konkreten Anlass auf Vorrat zu speichern und von sämtlichen deutschen Dienststellen abzurufen. "Das widerspricht dem Prinzip, dass gewisse sensible Informationen geschützt gehören", sagte Kelber der Zeitung.

"Maßlos, unsensibel, ignorant"

Das Bundesjustizministerium habe die Änderung mit einer Anpassung an ein anderes Gesetz erklärt, welches das Bundeskriminalamt betrifft, schrieb die "FAS". Darin sei ein neues Speichersystem für die Polizei vorgesehen. Die Ergänzung in der Strafprozessordnung solle es "der Polizei ermöglichen, Strafverfolgungsdaten in ihrem neuen System zu speichern", teilte eine Sprecherin der Zeitung mit. Mit den Einwänden des Bundesdatenschutzbeauftragten müssten sich die Fachpolitiker der Regierungsfraktionen erst noch beschäftigen.

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, griff das Gesetzesvorhaben scharf an. "Die Speicherungs- und Zugriffserweiterungen der großen Koalition sind maßlos, unsensibel und ignorant. Es handelt sich um ein Data-Mining gegen die eigene Bevölkerung", erklärte er. Wenn künftig Daten bis hin zu DNA-Spuren auch von Zeugen und Opfern auf Vorrat in den großen Datenpool geworfen werden sollten, offenbare das eine verfassungs- und freiheitsfeindliche Grundhaltung bei SPD und Union. "Man greift die Daten von unschuldigen Menschen ab, um sie später gegebenenfalls gegen sie verwenden zu können", schrieb von Notz. 

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