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Auf Druck aus Italien

Deutschland nimmt 50 Bootsflüchtlinge auf

  • Veröffentlicht: 15.07.2018
  • 14:54 Uhr
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© Laurin Schmid/SOS Mediterranee/dpa (Symbolbild)

Die Regierung in Rom kennt kein Pardon: Wieder lässt sie gerettete Migranten stundenlang im Mittelmeer ausharren. Die Taktik scheint aufzugehen.

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Italiens Blockadehaltung in der Migrationsfrage hat EU-Partner zu Zugeständnissen bewegt. Am Sonntag erklärte sich Deutschland wie zuvor Malta und Frankreich bereit, 50 der insgesamt 450 Migranten aufzunehmen, die am Samstag im Mittelmeer gerettet worden waren. Trotz der zugesagten Unterstützung war am Sonntag zunächst unklar, wann und wo die Geretteten an Land gehen können. Ein italienisches und ein Frontex-Schiff warteten laut Nachrichtenagentur Ansa weiter auf Zuweisung eines Hafens.

Deutschland folgt Malta und Frankreich

In den vergangenen Wochen hatte die italienische Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega mehrfach Schiffe mit geretteten Migranten auf dem Meer blockiert. Hilfsorganisationen wurde die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen kritisierte die erneute Blockade. Eine "gemeinsame, vorhersehbare und wirksame Einigung", wie mit aus Seenot Geretteten verfahren werden soll, "würde Zeit sparen, das Leiden verringern und Politiker davon abhalten, in einen Wettstreit zu treten, wer am wenigsten Verantwortung übernimmt", schrieb UNHCR auf Twitter.

Schicksal ungewiss

Italien hatte sich am Freitag geweigert, ein Holzboot in einen Hafen einlaufen zu lassen, welches Medienberichten zufolge von Libyen aus gestartet war. Auch Malta fühlte sich nicht zuständig für die Migranten. Am Samstag wurden die Menschen schließlich an Bord der Militärschiffe genommen - doch es war ungewiss, was mit ihnen passieren sollte.

Während der rechte Innenminister Matteo Salvini den Rücktransfer der Migranten nach Libyen ins Spiel brachte, wählte Ministerpräsident Giuseppe Conte mit Außenminister Enzo Moavero Milanesi den Weg der Diplomatie.

"Willen ist Macht"

Conte schrieb Briefe an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk sowie an die EU-Staats- und Regierungschefs. Letztere forderte er zu einem "unmissverständlichen Zeichen" geteilter Verantwortung im Geist des EU-Gipfels Ende Juni auf. Dort hatte Conte darauf gedrungen, dass die übrigen Mitgliedsländer Italien mehr Flüchtlinge abnehmen und sich an der Aufnahme aus Seenot geretteter Menschen beteiligen.

In der Migrationskrise fühlt sich Italien seit langem allein gelassen. Obwohl seit Monaten signifikant weniger Flüchtlinge das Land erreichen - die Vorgängerregierung hatte die umstrittene Zusammenarbeit mit Libyen im vergangenen Jahr verstärkt -, feierte die Regierung die Unterstützung der EU-Partner wie einen Durchbruch. Transportminister Danilo Toninelli von den Fünf Sternen twitterte, die Regierung habe in 45 Tagen mehr Ergebnisse erzielt als in vielen Jahren zuvor. Salvini twitterte: "Willen ist Macht." Tschechien kündigte an, keine der geretteten Migranten aufnehmen zu wollen.

Schon knapp 1500 Tote

Unterdessen machte sich trotz einer drohenden Blockade im Fall einer Rettung das Schiff "Open Arms" von der spanischen Hilfsorganisation Proactiva auf den Weg vor die libysche Küste. "Wir fahren dorthin, wo es weder Kriminelle, noch Übeltäter gibt, nur Menschenleben in Gefahr. Und zu viele Tote auf dem Grund", twitterte die Organisation.

Die spanische Seenotrettung und die Küstenwache retteten am Samstag Medienberichten zufolge rund 330 Migranten, die auf Booten in der Meerenge von Gibraltar und im Alborán-Meer zwischen der Iberischen Halbinsel und Nordafrika unterwegs waren. Sie wurden zu verschiedenen Häfen in Andalusien gebracht.

Hotspot Libyen

Der Internationalen Organisation für Migration zufolge starben in diesem Jahr bereits fast 1500 Menschen im Mittelmeer. Viele Flüchtlinge, die die gefährliche Flucht wagen, brechen in Libyen auf, wo seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi 2011 chaotische Zustände herrschen.

Aus dem Bürgerkriegsland Libyen kehrten nach EU-Angaben in den vergangenen Monaten mit internationaler Unterstützung rund 20 000 Migranten freiwillig in ihre Heimat zurück. Die Europäische Union, die Afrikanische Union sowie die Vereinten Nationen hatten im November eine Task Force gegründet, um die Menschen von der Flucht nach Europa abzubringen und zur Umkehr zu bewegen.

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