Der beliebte Moderator blickt auf die Anfänge und das Erfolgsgeheimnis von akte zurück
Interview mit Ulrich Meyer zu 20 Jahre "akte"
Was ist das große Erfolgsgeheimnis von "akte"?
Wir sind ganz nah dran an unseren Zuschauern; wir haben immer ein offenes Ohr für ihre Probleme; und wir zeigen in jeder Sendung, dass in jeder noch so verzweifelten Situation Hoffnung bestehen kann – und dass jeder uns und die "akte" an seiner Seite haben kann!
Von "akte hilft" über "Reporter decken auf" bis hin zu "Reporter kämpfen für Sie" – wie hat sich "akte" in den 20 Jahren verändert?
Die Rubrik "akte hilft" war seit der Premiere 1995 fester Bestandteil unserer Sendung; diese Rubrik gewann immer größere Bedeutung, weil immer mehr Menschen sich an uns wandten, so dass wir schließlich sogar den Untertitel änderten und damit die ganze Sendung auf unsere Zuschauer ausrichteten. Das hängt eng zusammen mit der wirtschaftlichen, techni-schen und gesellschaftlichen Entwicklung der vergangenen 20 Jahre – man denke nur an Digitalisierung und Globalisierung, die das Leben vieler Menschen dramatisch verändert haben.
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste "akte"-Sendung – wie lief sie ab?
Bei einer Premiere ist jeder aufgeregt und voller Hoffnung und Zuversicht. Ich war begeistert über die Chance, ein investigatives Magazin machen zu können. Deshalb gaben wir für die Beiträge alles an Aufwand und Kreativität. Leider hatte ich darüber vergessen, mein Sakko für die erste Folge zu bügeln. Das ärgert mich jedes Mal, wenn ich die Bilder der Premiere sehe. Damals hatten wir erst einmal nur einen Vertrag über sechs Monate. Jetzt sind 20 Jahre daraus geworden.
Was war Ihre bislang größte Panne im "akte"-Studio?
Als die Tarantel "Elisabeth" mal Studiogast war nach einem Film über exotische Haustiere, hat sie sich in meiner Hand festgesaugt, was ich nach wenigen Sekunden schon dermaßen – pardon! – eklig fand, dass ich "Elisabeth" wegschleuderte. Tut mir heute noch leid!
Auf welches "akte"-Thema hätten Sie im Nachhinein verzichten können?
Ach, da war manchmal die Bedeutung der Themen sicher unterschiedlich. Aber gesendet ist gesendet – ich stehe zu allem, was wir auf die Antenne bringen!
Was ist Ihr persönliches Highlight in 20 Jahren "akte"?
Meine Seele wärmt diese Geschichte, für die unsere Zuschauer Verantwortung tragen; nachdem wir einmal über eine Familie berichtet hatten, der nach Problemen im Job und am Auto auch noch das Haus abgebrannt war, standen am nächsten Tag Menschen aus nah und fern vor deren Tür, um zu helfen: den Motor zu reparieren, Trockenbauwände zu ziehen, die neue Küche zu installieren. Das ist unsere "akte"-Community – und die funktioniert sogar ohne Zutun der Redaktion. Toll!
Haben Sie noch Lampenfieber – und wenn ja: in welchen Situationen?
Nein – ich weiß, wir haben saubere Arbeit in unsere Filme gepackt, jetzt muss nur noch ich selbst im Studio performen. Und das sollte ich hinkriegen nach 30 Jahren auf dem Bild-schirm.
Welchen Herausforderungen muss sich "akte" in den nächsten Jahren stellen?
Wichtig ist, dass wir für unsere Zuschauer weiterhin der zuverlässige Helfer in allen Lebenslagen sein können. Und fast genauso wichtig ist, dass wir junge Zuschauer dazu bewegen, uns mehr zu vertrauen als dem Internet und anonymen Ratgeberzirkeln dort.
Welche Themen liegen Ihnen auch künftig sehr am Herzen?
Fernsehleute bewahren ihre Geheimnisse ja immer bis zur Ausstrahlung. Aber ich kann sagen, was mir auch in Zukunft am wichtigsten ist: Unsere Zuschauer spüren immer wieder, wenn sie Probleme haben und damit allein nicht klarkommen, dass Behörden, Organisa-tionen, Versicherungen ihren Ermessensspielraum einfach nicht ausschöpfen, den sie ja durchaus hätten zu Gunsten ihrer "Kunden". Diesen Spielraum wirklich zu nutzen, auch für die vermeintlich Kleinen, dazu werden wir von akte die Großen in Wirtschaft und Verwaltung auch in Zukunft nachdrücklich bewegen!
Auf welche (Recherche-) Geschichte sind Sie besonders stolz?
Stolz kommt immer dann auf, wenn wir unseren Hilfe suchenden Zuschauern gegen schein-bar Übermächtige helfen können. So zum Beispiel bekamen wir vor drei Jahren Wind davon, wie Vertriebsleute eines der größten Verlagshäuser der Welt ihren Kunden vermeintlich wertvolle und im Wert angeblich noch steigende Faksimile-Drucke andrehten – für zum Teil zigtausende Euro. Das Geschäft war für die Kunden aber keines, sondern ein Riesenverlust! Wir haben erreicht, dass Rechtsanwälte den Geschädigten ihr Geld zurückholen konnten – und dass die betreffende Tochterfirma des Verlages ihren Betrieb einstellen musste.
Oder auf dieses Recherche-Ergebnis bin ich stolz, das wirklich Kleinstarbeit war: Sportheld und 5000-m-Olympiasieger Dieter Baumann musste sich vor Jahren gewaltige Dopingvor-würfe machen lassen. Er meinte, man habe ihm das verbotene Nandrolon über seine Zahn-pasta verabreicht, was sich keiner vorstellen konnte. Akte hat mit unserem Lieblingspharma-kologen Professor Sörgel, der uns auch bei den Kokainfunden im Bundestag zur Seite gestanden hatte, nachgewiesen, dass die Baumann-Story so durchaus stimmen konnte!
Nicht zu vergessen der süße Stolz, wenn wir die großen Unangreifbaren zu packen gekriegt haben: Wenn wir etwa der GEZ vor Jahren haben nachweisen können, wie indiskutabel viele ihrer freiberuflichen Gebührenbeauftragten die Fernsehzuschauer finanziell unter Druck setzten; wenn wir den Energiekonzernen belegen konnten, dass ihre geheiligten Strom-zähler sehr wohl falsch zu gehen in der Lage sind, was für nicht wenige Kunden dramatische Falschrechnungen bedeutete; oder wenn Kfz-Versicherungen nach unseren Recherchen lernen mussten, dass Autos auch mit Wegfahrsperre geklaut werden können und dass sie ihren Versicherungsnehmern entsprechende Zahlungen nicht weiter verweigern durften.