Karriere und Führungspositionen auch ohne Abitur möglich
Wer kein Abitur absolviert hat, muss seine Karrierepläne nicht gleich auf Eis legen. Mit Engagement, Fleiß, Fachwissen und Durchsetzungswillen lässt sich ein Aufstieg auch ohne Abitur, Master oder gar Diplom realisieren. Auch nach einer erfolgreich absolvierten Fortbildung zum Meister, Fachwirt oder Techniker kann man in seinem Berufsleben noch Führungskraft werden und gehaltstechnisch mit Hochschulabsolventen mithalten. Wobei der Karriereweg mit Abitur, das man heutzutage problemlos nachholen kann, oft leichter von der Hand geht.
Ein Hochschulabschluss (Diplom, Master oder Bachelor) erhöht zwar nach Ansicht von Experten die Chance, im Berufsleben eine hochrangige Position und/oder einen gut bezahlten Job zu erlangen. Allerdings sind ein Diplom oder ein Master nicht die einzige Voraussetzung für einen erfolgreichen beruflichen Werdegang. Fortbildungen, Fach- und Sprachkenntnisse spielen ebenso eine wichtige Rolle wie Berufserfahrung, die eigene Persönlichkeit und Netzwerke.
Die Medien und die öffentliche Meinung vermitteln den Deutschen hingegen seit den 60er-Jahren, dass es das Beste sei, das Abitur zu machen und anschließend zu studieren. Ein Studium schütze nachhaltig vor Arbeitslosigkeit, biete Arbeitsplatzsicherheit, bessere Verdienstmöglichkeiten und beuge dem Fachkräftemangel vor. Behauptungen, die in der Berufspraxis heute nicht mehr gelten – man betrachte nur die hohe Arbeitslosigkeit unter Akademikern und die hohe Zahl der Hochschulabsolventen, die sich mit schlecht bezahlten Trainee- und Praktikumsstellen über Wasser halten müssen.
Die Zahl der Abiturienten und Hochschulabsolventen nimmt stetig zu
Dennoch steigt die Zahl der Abiturienten in Deutschland ebenso kontinuierlich an wie die der Studierenden und Hochschulabsolventen. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, wie es in der Praxis tatsächlich aussieht und dass auch in Ausbildungsberufen qualifizierte Fachkräfte herangezogen werden, die auf dem Arbeitsmarkt dringend benötigt werden und ein gutes Einkommen erzielen können.
Der deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) hat beim Institut der Deutschen Wirtschaft Köln eine Studie in Auftrag gegeben, um die Beschäftigungs- und Karrieremöglichkeiten von Menschen in Deutschland mit Fortbildungsabschluss zu überprüfen. In der Studie wurden die Potenziale der Meister, Fachwirte und Techniker mit denen von Akademikern mit einem Bachelor- oder Masterabschluss verglichen.
Für eine Beschäftigung mit Führungsverantwortung ist ein Abitur oder Hochschulabschluss demnach heutzutage keinesfalls mehr Pflicht. Berufliche Fortbildung führe in der Berufspraxis sogar häufiger in eine Position mit direkter Personalverantwortung. Während von den Fortbildungsabsolventen 47 Prozent eine solche Position bekleideten, waren es bei den Akademikern nur 39 Prozent. Von den Spitzenverdienern unter den Fortbildungsabsolventen hatten übrigens mehr als 70 Prozent nur einen Haupt- oder Realschulabschluss.
Vom Hotellehrling zum CEO einer bekannten Softwarefirma
Die Karriere des Oberbayern Ernst Homolka verlief alles andere als gewöhnlich. Der gebürtige Schlierseer begann sein Berufsleben mit der Mittleren Reife als Lehrling im Münchener Hotel Königshof. Die Alternative zur Ausbildung als Hotelfachmann wäre das Abitur gewesen. In den Folgejahren erklomm Homolka Schritt für Schritt die Karriereleiter und arbeitete mit entsprechenden Fortbildungen zunächst als Verwaltungskraft, dann als Buchhalter und schließlich sogar als kaufmännischer Leiter in renommierten Hotels.
Vorläufiger Gipfel der Karriere des Ernst Homolka war die Position des CEO der Nemetschek AG. Unter Homolka erlebte der führende deutsche Anbieter von CAD-Technologie für Architekten und Bauingenieure die bis dato erfolgreichsten fünf Geschäftsjahre. Das nötige Fachwissen und die erforderliche Führungserfahrung für diese Position hatte der Oberbayer jahrelang in verschiedenen Jobs gesammelt.
Auch Erfahrungen im Ausland kann man heutzutage ohne Studium sammeln – zum Beispiel als Au Pair in den USA, in Neuseeland, Australien oder einem anderen Land. Man arbeitet in einer Familie, kümmert sich um die Kinder und lernt Land und Leute bestens kennen. Der wichtigste Effekt für die spätere Karriere sind jedoch die Spracherfahrungen. Nach 12 oder 18 Monaten in den USA beherrscht man die englische Sprache besser als die meisten Abiturienten oder Hochschulabsolventen.
Es gibt kein Richtig oder Falsch bei der Wahl des individuell optimalen Ausbildungswegs. Allerdings sollte man die Mittlere Reife und eine anschließende Berufsausbildung nicht zu gering schätzen und das Abitur mit anschließendem Studium nicht in den Himmel loben. Es gibt für beide Bildungswege gute Argumente und beide Gruppen werden in der Gesellschaft gebraucht. Wichtig sind vor allem die individuellen Fähigkeiten, Stärken und Neigungen.
Fakt ist heute aber leider auch, dass man viele Ausbildungsberufe heutzutage in Deutschland ohne Abitur fast gar nicht mehr ergreifen kann. Ob Bank oder Polizei, Werkstatt oder Handel: Mit einem Abitur in der Tasche stehen die Chancen auf einen Ausbildungsvertrag meist deutlich besser. Zum Glück bietet das deutsche Bildungssystem Menschen jederzeit die Chance und vielfältige Möglichkeiten, das Abitur nachzuholen.
Abitur in Deutschland jederzeit problemlos nachholen
Beim Aufbau und den Unterrichtsinhalte gibt es zwischen privaten und öffentlichen Schulen keine großen Differenzen. Der vielleicht größte Vorteil einer Privatschule liegt darin, dass durch kleinere Klassen eine bessere Betreuung möglich ist. Einige Ersatzschulen bieten sogar an, das Abitur in nur einem Jahr nachzuholen. Unter Umständen wird das Abitur an Privatschulen nicht vollumfänglich staatlich anerkannt, so dass eine zusätzliche Prüfung abgelegt werden muss.